Brüche, Schwellen und Verbindungen. Zur Deutbarkeit nicht nur von Träumen.

zusammen mit Heini Bader und Fabian Ludwig

Vortrag im Psychoanalytischen Seminar Luzern, 6000 Luzern Freitag, 23. September 2022, 20 Uhr

12. Dezember 2023

Brüche – und mit denen hat es die Psychoanalyse zu tun, weshalb sie ja Analyse und nicht Synthese heisst – rufen das Bild von Ganzheit auf – einer in die Brüche gegangenen oder einer herzustellenden Ganzheit. Davon zeugen viele psychoanalytische Begriffe und ihr Verständnis – so wie das Selbst, die Identität, der Trieb, die Störung wie die Gesundheit usw. Vielleicht markiert die Unerfüllbarkeit des Wunsches jedoch eine Unbestimmtheit, die auch für den Traum gilt, dessen Arbeit dann durchaus im Sinne der Traumdeutung darin bestehen würde, immer wieder Bestimmungen, Konkretisierungen herzustellen, die Abschlüsse und keine Abschlüsse sind, die ankommen und nicht-ankommen gleichzeitig.

Das wirft die Fragen der Autorschaft nicht nur der Träumenden, sondern auch der Deutenden auf. Ist die immer so klar? Bei aller Sehnsucht nach Eindeutigkeit und Klarheit, bleibt auch sie immer wieder offen.

Wir erzählen aus unterschiedlichen Perspektiven von den Erfahrungen, die wir mit Träumen machen, die uns an unsere Traumstation zugeschickt werden – die vielleicht nicht von ungefähr eine virtuelle ist –, die wir ohne das – immer ja auch scheinbare – Wissen um die Träumenden und ihre Biografien zu deuten versuchen. Was nicht heisst, dass dabei das Subjekt ausgeschlossen bleibt.


Und hier sehen Sie das Video des Vortrags:

Brüche, Schwellen und Verbindungen. Zur Deutbarkeit nicht nur von Träumen.


Nach dem Vortrag haben wir die Diskussion des Themas unter uns fortgesetzt, woraus folgende Ergänzung und Ausweitung wurde mit dem Titel:

Traum Trauma Traumama Traumamamama


Schon in Ihrer Einleitung schreibt die Träumerin: «Ich hätte niemals gedacht das ich einen Impuls bekommen werde euch einen Traum zu schicken , aber sobald ich ein so radikales Wort wie niemals denke weiß ich schon das alles anders kommen wird» – sie warnt uns also vor solchen Eindeutigkeiten.

Ein Spezialist für das Spiel mit solchen Eindeutigkeiten war und ist James Bond. Nicht nur die Filmtitel, unter denen er auftritt, markieren diese Uneindeutigkeiten, wenn es beispielsweise hiess You only Live Twice oder natürlich extra für diesen Traum kreiiert: Never Say Never again. Auch das immer aufs Neue gespannt erwartete Arsenal seiner Waffen und Gadgets besteht aus Dingen, die nicht einfach das sind, was sie zu sein scheinen, sie sind auch nicht einfach Fakes, sondern Spielzeuge, so wie jede neuerliche Rettung der Welt schon der Auftakt für das Szenario ihrer nächsten Apokalypse ist, und ebenso wenig waren und sind die Frauen einfach Spielzeuge, sondern schillernd faszinierende Inkorporationen dieses obscure objet du désir, wie es Buñuel genannt hat. Ihre erregende Anziehung besteht gerade darin, nie so recht fassbar zu sein, ebenso tödliche Gefahr wie verheissende Rettung und Sehnsucht zu sein und wenn sich Bond und sie am Ende regelmässig in den Armen liegen, birgt diese erlösende Idylle schon den Kitzel des nächsten Abenteuers in sich. Und Bond selbst ist seinerseits nicht nur Fels in der Brandung, auch er ist nicht identisch mit sich selbst, setzt vielmehr schon zur Metamorphose als Jane Bond an.

Der vorliegende Traum ist ja eine solche Agentenstory, bei der es nie so ganz klar ist, wer wer ist, wer wen umbringt, es geht um Sex, um eine Explosion, die alles in Brand steckt, wie um die Frage, ob man entkommt oder es einen erwischt und was eigentlich es ist, das einen erwischt hat. So ist der Hinweis der Träumerin in der Einleitung kein Wunder, dass solche Eindeutigkeiten wie das niemals trügerisch sind, und weiter ist es nicht erstaunlich, dass sie selbst vor diesen nicht gefeit ist. Denn die ersehnte Klarheit, von der sie schreibt, dass sie von den Nebelkerzen verwischt werde, ist in ihrer Eindeutigkeit ihrerseits bereits Illusion und damit selbst signifikante Nebelkerze.

Deshalb erstaunt es nicht, wenn der Traum mit einer Leerstelle endet – hier kurz zitieren. Und natürlich können wir versuchen, diese Leerstelle mit der gebotenen Vorsicht wieder zu füllen. Da könnte man beispielsweise auf einen möglichen Missbrauch durch den nächsten Mann der Mutter oder auf die Ungewissheit über die Autorschaft des sexuellen Wunsches hinweisen. Und sicherlich liessen sich noch weitere Zusammenhänge assoziieren.

Wir können aber auch bei dieser Leerstelle und ihrer Kennzeichnung eines Ungewissen bleiben und davon ausgehen. Dann wäre man sehr schnell an eine andere Leerestelle erinnert, die Freud nicht von ungefähr in der Traumdeutung beschreibt, und zwar in deren 7. Kapitel, wenn er vom Wunsch und seiner Entstehung, von der Konstituierung des Wunsches spricht. Denn dieser Wunsch geht – so wie er ihn dort beschreibt – von einer Leerstelle aus. Sie wird durch eine Erregung und das anschliessende Befriedigungserlebnis markiert, das eine Erinnerungsspur hinterlässt. Und der Wunsch ist nichts anderes als das: der Versuch der Wiederbesetzung dieser Erinnerungsspur. Er bezieht sich also nicht auf das Erlebnis selbst, sondern auf seine Erinnerungsspur. Das Erlebnis ist nicht wieder zu haben. Das Befriedigungserlebnis fällt also weg bei diesem psychischen Konstrukt des Wunsches, es hinterlässt eine Leerstelle, die in der Psychoanalyse ihre Formulierung in dem Votum findet: Das Objekt – als Objekt des Wunsches – ist immer das verlorene.
Die Anonymität des Traumes spiegelt sich damit nicht von ungefähr in der Anonymität des Wunsches. Es ist weniger ein konkreter, denn ein unbestimmter und diffuser. So wie es Freud für den Nabel des Traums formuliert, der als Mutterbrust ja nicht diese konkrete Brust dieser konkreten Mutter, aber auch nicht die allgemeine, auch nicht die frühkindliche, sondern diese Chiffre meinte, die man so fassen kann, die sich gleichzeitig so nicht fassen lässt.


Traum Trauma

Die Erregung des kleinen Kindes ist ebenso wenig fassbar – für das Baby selbst wie auch für die Eltern nicht, die darunter besonders leiden. In ihrer Unfassbarkeit ist sie traumatisch, was den Boden nicht nur für viele Therapien, sondern für noch mehr Ratgeber und heute Apps bereitet. Es ist diese Erregung, die auch den Traum ausmacht und antreibt. Es ist die Erregung, in die der Traum uns versetzt, wenn wir ihn erzählt bekommen. Und in beiden Fällen – bei der Träumerin wie auch bei Analytikerin – ist diese Erregung engstens mit der Unwissenheit, mit dem Nicht-Fassbaren verschränk, das uns da packt und angeht. Und so ist Morgenthalers Bemerkung gut nachvollziehbar, dass die Einforderung der Assoziationen beim Analysanden vor allem Abwehr dieses Geschehens ist, das sich um die Anonymität des Traums herum gruppiert, um diese Leerstelle herum sich entfaltet.

Und wie wir es den James-Bond-Filmen schon entnommen haben, will diese Erregung als Wunsch nicht nur befriedigt, d.h. abgebaut und beruhigt werden, vielmehr trägt sie in sich bereits den Wunsch nach neuer Auf- und Erregung, nach neuem Kitzel in sich, was Freud später mit dem Postulat des Konstanz-Prinzips einholte, das markiert, dass der Wunsch nicht mit dem Abbau der Erregung befriedigt wird, dass vielmehr die Erregung selbst Gegenstand des Wunschs und Wünschens ist. Damit hat der Wunsch nicht nur seine eigene Abschaffung zum Ziel, sondern lässt das Wünschen und seine Erregung selbst zum Ziel werden. Und man könnte sich durchaus die Frage stellen, inwieweit das nicht auch fürs Trauma gelten könnte. Die Geschichten um die Geheimagenten der satanic panic, die in der Schweiz in der Klinik Littenheid ein buntes Treiben entfachte, könnten ein Hinweis darauf sein.

Nachdem der Tanz der Deutungen um die Leerstelle begonnen hat, schreibt die Träumerin, dass sie Theaterpädagogik studiert. Wunderbar. Denn das Theater ist unzweifelhaft ein performatives Medium zur Konkretisierung und Medialisierung von etwas Unbestimmten. Denn es werden Geschichten auf die Bühne gebracht, die sich von Aufführung zu Aufführung, von Inszenierung zu Inszenierung, von Ort zu Ort, von Zeit zu Zeit verändern. Das Verhältnis von Nebelkerzen zu Klarheit wird damit ein anderes, insofern die Klarheit nicht mehr eindeutige Antwort, sondern Form einer Konkretisierung des Unbestimmten ist, zu der es immer noch andere gibt, was auch heisst, dass die Konkretisierung und ihre Klarheit das Unbestimmte weiter- und übertragen, es zu einem Motor für weitere Konkretisierungen machen, der nicht aufhört anzutreiben. So ist nicht erstaunlich, dass der Traum mit dieser Leerstelle endet, die andeutet, dass es weitergeht.

Dass der Traum auch ein performatives Medium ist, also eines, in dem der Körper im Zentrum der Darstellung steht, kann man am Nachtwandeln sehen, das ja ein Phänomen ist, in dem die Motorik nicht ganz ausgeschaltet ist – wie es Freud ja als eine Bedingung für den Traum beschrieben hat –, dabei jedoch nicht das Bewusstsein als ihren Antrieb ausweist, sondern das primärprozesshafte Geschehen des Traums.
Mit anderen Worten wäre die Leerstelle am Ende des Traums der Traum selbst, der Wunsch und das Ereignis {der Bedürfnisbefriedigung), das nicht einholbar ist, das Trauma. Was weiter heissen würde, dass das Ende gleichzeitig der Anfang ist, die Übertragung auch in unserem Setting der Traumstation keine eingeschränkte, sondern eine umfassende, eine umkreisende und tanzende, ist. Sie wäre damit das, was Freud als Überraschung bezeichnet hat, die ihn in Form der Ohrfeige von Dora erreicht hat. Die Leerstelle wäre damit ein Loch, auf dessen Rand der Traum tanzt, ein Loch, dessen Rand ausufert, gar nicht anders kann als auszuufern und zur Fläche zu werden. Sie ist die Markierung der Anonymität des Traums.

Heini: Olaf schreibt zu Beginn: „Schon in Ihrer Einleitung schreibt die Träumerin: «Ich hätte niemals gedacht dassich einen Impuls bekommen werde euch einen Traum zu schicken, aber sobald ich ein so radikales Wort wie niemals denke weiß ich schon dass alles anders kommen wird» – sie warnt uns vor solchen Eindeutigkeiten.“

Es gibt Formulierungen, die mich aufhorchen lassen. Die Träumerin kennt unseren Podcast, hört ihn mit Spannung und Freude. Sie ist dem bunten Geschehen im Podcast also zugewandt. Und doch dann: „Ich hätte niemals gedacht das ich einen Impuls bekommen werde euch einen Traum zu schicken“
(Konjunktion, z.B. „dass“, auch: Bindewort, Fügewort; Junktion, ist in der Grammatik die Bezeichnung für eine Wortart, die syntaktische Verbindungen zwischen Wörtern, Satzteilen oder Sätzen herstellt und zugleich logische oder grammatische Beziehungen zwischen den verbundenen Elementen ausdrückt. Wikipedia)
Als Artikel, (z.B. „das“, in der traditionellen Grammatik auch Geschlechtswort oder Begleiter, wird ein Wort bezeichnet, das regelhaft in Verbindung mit einem Substantiv gebraucht wird und es vor allem hinsichtlich seiner Definiertheit kennzeichnet. Wikipedia)

Das erstaunt mich. Ich würde sofort verstehen, wenn sie z.B. sagen würde, dass sie das Geschehen im Podcast mit Spannung und Freude verfolgen würde, aber beim Gedanken, selbst einen Traum einzureichen, würde sich etwas in ihr sträuben. Aber einen Impuls bekommen, einen Traum einzureichen? Beim Wort Impuls denke ich sofort an Impulshandlung, also z.B. an das dann im Traum vorkommende Werfen von etwas in Wut, wobei im Traum dann dieses Etwas Karriere macht von einem gebrauchten Papiertaschentuch zu einem Molotowcocktail.
Die Träumerin schreibt in diesem Satz vielleicht auch, was der Stellenwert der Impulshandlung für sie ist: ein sehr breiter nämlich.

Jetzt habe ich mich verrannt. Eigentlich wollte ich nur zum Ausdruck bringen, dass die von der Träumerin gewählte Ausdrucksweise so eigenartig ist, dass „etwas dahinterzustecken scheint“. Was? Auf empfangenen (bekommen) Impuls reagieren tönt ein wenig nach Maschinenmodell, ich denke an Ingenieurskunst, wo mit Ventilen gesteuert wird und wo ein kausales Verhältnis im Zentrum steht. Dieses würde dann mit „dass“ weitergeführt (der Impuls hat mich so überkommen, dass ich trotzdem einen Traum eingereicht habe). Doch genau dieses Wort (die Konjunktion) das für Verbindung sorgen soll, ist im (ganzen) Text immer so geschrieben, dass es eben auch ein Artikel ist. Und wenn ich mir das plastisch vorstelle, dann denke ich beim Artikel an eine recht starre, fest gefügte Verbindung (das Kind, fertig), bei der Konjunktion jedoch an eine Art von Scharnier, wo Dinge in Verbindung gebracht werden, die ohne weiteres auch in anderen Verbindungen sein könnten (hat mich abgestossen/gefallen, dass ...).

So könnte man Olafs Überlegungen („die Träumerin warnt vor solchen Eindeutigkeiten“) bestätigt und mehr noch: in die Sprache der Träumerin tief eingeschrieben sehen. Es wird ein Konflikt sichtbar: da wo Beziehung geschaffen werden könnte (Konjunktion), herrscht die Starre des Artikels. Vielleicht so, wie in der Impulshandlung das Scharnier des Wählen-Könnens nicht zur Verfügung steht, weil der Impuls (Neid-Wut) starr mit der Handlung (Taschentuch-Molotowcocktail werfen) verbunden ist.
Also auch semantisch gesehen scheint die Lesart von Olaf ins Schwarze zu treffen.

Ich verstehe davon leider fast nichts, aber mir scheint, wenn etwas so tief in die Sprache eingeschrieben ist, könnte gut sein, dass es eben auch tief ins Psychische eingeschrieben sein könnte und dann denke ich an „etwas früh Erfahrenes“, das sich so manifestieren könnte.


Traum Trauma Traumama

Die Formen der Konkretisierungen dienen dazu das Unbestimmte greifbarer und damit handhabbarer zu machen. Sie sind dabei – wie es die Träumerin selbst schon gleich zu Beginn der Traumerzählung erwähnt – in Gefahr, eine Klarheit zu schaffen, die ihrerseits wieder Nebelkerze ist. Das Unbestimmte steht dabei immer schon im Schnittpunkt der Forderung nach einer Bestimmung, mit anderen Worten steht das Unbewusste im Zeichen des Anspruchs auf ein Wissen. Und dieser Anspruch wird lauter, je weniger wir wissen, er spiegelt sich in der Angst, die wir als Psychoanalytiker immer auch haben – trotz aller Beteuerungen für wie wertvoll wir die Träume erachten und was für ein Geschenk der Analysanden sie an uns sind.

Und dieser Anspruch auf Wissen äussert sich nicht zuletzt darin, die Erregung des Unbestimmten zu befriedigen, sie zu einem Ende zu bringen. Die Konzeption des Wunsches, der durch seine Befriedigung erfüllt und damit aufgehoben wird, der sich durch seine Erfüllung selbst abschafft, setzt sich fort im Begriff eines Wissens, das eindeutig und abschliessend verstanden wird. Dieses kann sich beispielsweise in der schon erwähnten Sichtweise zeigen, man müsse eine Träumerin schon längere Zeit analytisch kennen, bevor man einen Traum von ihr deuten könne, wie auch in der Annahme, dass der Traum eine vollständige und damit abschliessende Deutung haben könne. Weiter kann sich ein solches Verständnis in der bekannten Ausrichtung psychoanalytischer Weiterbildung zeigen, das auf ein Wissen ausgerichtet ist, das die Studierenden von den Lehrenden vermittelt bekämen und sich aneignen müssten, wobei eine solche Hierarchie von Wissen und Unwissen im gleichen Zug zu einer innerhalb der Ausbildung und der Institute wird. Es zeigt sich weiter in der schon von Deleuze/Guattari kritisierten Ausrichtung auf das Unbewusste als eines, das in der Familie seinen Grund und seine Auflösung finden würde, und in seiner gleichzeitigen Verkennung als Wunschmaschine, die dieses Unbestimmte und Unbewusste eben ist und weit über die Familie hinausgeht. Dabei wird weiter verkannt, dass das Trauma nicht einfach Missbrauch ist und dieser nicht einfach ein konkreter, nicht einfach ein Hard-Fact sein muss – was er durchaus sein kann –, sondern das Traumatische auch bei ihm in der Unbestimmtheit des Ereignisses, in dessen Unfassbarkeit besteht.

Konkrete Figur im familialen Umfeld, auf das sich die Klinik der Psychoanalyse immer mehr zurückgezogen hat, ist die Mama, die damit zur Traumama wird und das Wissen, das sie anzubieten hat – man könnte auch sagen: das sie bieten muss – besteht inzwischen darin, dass man glaubt, darüber verfügen zu können, das man schon zu kennen glaubt, bevor die Therapie oder Analyse überhaupt begonnen hat, nach dem man schon inquisitorisch sucht, wenn Patientinnen und Analysanden anfangen ihre Geschichten zu erzählen, die schon als bare Münzen genommen werden und ebenso bare Antworten bekommen zu müssen scheinen.


Traum Trauma Traumama Traumamamama

All dem gegenüber hat der Traum unserer Träumerin an sein Ende die Leerstelle gesetzt, von der sie zu Beginn in James-Bond-Manier schon erzählt hat: Never say never again.

Der Traum macht also einen Sprung: Vom Anfang zum Ende und umgekehrt. Ob er dabei in die Leere springt, ist nicht so sicher. Aber er erzählt davon, dass das Trauma nicht einfach das Konkrete des Ereignisses ist, dass es vielmehr darin besteht, dass dieses sich nicht fassen lässt, dass die Gewissheit dessen, dass es der Fall war, die Unsicherheit dessen in sich und weiter und überträgt, dass es nicht zu fassen ist. Als Ereignis ist das Trauma nämlich etwas, das nicht vorherzusehen ist, das nicht gekannt wird, das von irgendwoher kommt und einen packt, das erst mit Verzögerung und im Nachhinein gefasst werden kann. So ist das Ereignis ein Loch, das erst von seinem Rand aus ins Auge genommen werden kann, es ist ein Loch, um das man nicht anders kann als zu tanzen.

Das Ereignis selbst ist unfassbar, kann erst mit zeitlicher Verzögerung ins Auge gefasst werden. Und in diesem delay entsteht das Ding, diese Geschichte, dieser Text, als Textur und als Stoff, der sich über das Loch stülpt, das sich über das Loch erhebt, das aber immer in ihm droht – siehe den Fetisch, der über die Kastration hinwegtäuschen soll, den Schrecken zur Schönheit und zur Lust macht. Das ist die Bewegung, wie sie schon die Hysterie erzählt, die aus Nichts Alles machen kann, wobei dieses Alles das Nichts weiter in sich trägt. Es ist diese Ohrfeige, die Dora nicht nur dem Herrn K, sondern auch Freud gegeben hat, die ihm Anlass wurde, etwas zu entdecken, ihm also etwas zu sehen gab, nämlich die Übertragung als wesentlichen Motor des psychoanalytischen Prozesses, aber nicht nur davon.

Heini: Ich bin beim Rumschweifen auf einen Text von Robert Heim gestossen, der vermutlich im „Widerspruch“ erschienen ist und den Titel trägt:
Encore: Jacques Lacan trifft Alfred Lorenzer. Nachforschungen zu einer „verlorenen Zeit“*
daraus:
„Und so ist Encore zudem ein Symbol für die Wiederholung, ob Zwang oder nicht. In der Welt der Musik war Encore denn auch zunächst, seit dem 18. Jahrhundert, ein Aufruf zur Wiederholung einer Opernarie, heute zum Ritual der Zugabe geworden, dem sich einige Musiker dadurch entziehen, dass sie aus dieser Zugabe eine eigene Kunstform machten. Encore, das ist aber ebenso eine Chiffre für das Genießen, zumal für dasjenige des Don-Juanismus:

»Aber weil er (Don Juan) alle mit gleicher Heftigkeit und jedes Mal mit seiner ganzen Person liebt, muss er diese Gabe und diese Vertiefung wiederholen. Daher hofft jede, ihm zu geben, was ihm bis dahin niemand gab. Sie alle täuschen sich jedes Mal völlig, und es gelingt ihnen lediglich, ihn das Bedürfnis nach einer Wiederholung spüren zu lassen. ‚Endlich’, ruft eine, ‚habe ich Dir die Liebe geschenkt!’ Ist es verwunderlich, wenn Don Juan darüber lacht: ‚Endlich? Nein, nur einmal mehr!« (Camus, 1942, S. 86).“ (Robert Heim, Encore: Jacques Lacan trifft Alfred Lorenzer. Nachforschungen zu einer „verlorenen Zeit“* (http://www.theoriekritik.ch/?p=2226)


Wenn Freud nämlich das Telefon als Modell zur Übertragung – sic! – des Unbewussten zwischen Analysanden und Analytiker heranzog, die man sich als eine vom Teller (Sprechmuschel) zum Receiver (Hörmuschel) vorstellen muss, wobei dieser Teller immer woanders, immer irgendwo und letztlich nicht zu fassen ist, dann hat er dort schon einerseits dieses Unbestimmte, diese Anonymität ins Zentrum gestellt und andererseits die Übertragung als eine mediale ausgewissen. Die Sprünge, die da gemacht werden, sind medialer Art.

Das legt es nahe vom Loch zur Lochkarte zu kommen, zu dieser Form der Codierung, mit der das Digitale ihren Anfang nahm und gleichzeitig darauf verweist, dass Codierung wie auch der Wunsch sich längstens von dem Ereignis abgelöst haben, dass sie sich längstens auf dieses Loch beziehen, das vom Objekt als verlorenes markiert wird. Und dieser Code schreibt sich weiter und weiter, setzt sich um in Texte ebenso wie in Bilder wie in Töne wie in andere Sinnlichkeiten und Sinne.

Das Loch weist als Code darauf hin, dass die Traumama nicht einfach der Ort des Traumas ist, sondern einer, der nicht bei sich selbst bleibt, sondern weitergeht und sich überträgt zur TRaumamamamama, sich immer weiterschreibt und schreibt und gar nicht anders kann als sich weiter zu schreiben.

Damit wird das Loch, diese Leerstelle in dem wunderschönen und immer ergiebiger und sich immer noch mehr und weitererzählenden Traum zur Traummaschine und zur Traumdeutung der Maschine – worauf Freud ja indirekt schon dadurch hingewiesen hat, dass er die Traumarbeit als ständige Umformung ins Zentrum seiner Traumdeutung gestellt hat.

Heini: Zufällig und unverhofft – was die Hoffnung ja nicht ausschliesst, ganz im Gegenteil – bekamen wir kurz nach diesen Zeilen einen Traum geschickt, der die mediale Produktion, besser fvielleicht die Produktion der Medialität wunderschön zur Darstellung bringt. Mit Erlaubnis des Träumers geben wir hier den Traum wieder:

Liebes Team der Tram Station,

Ich hatte letzte Nacht einen beängstigende Traum. Ich würde mich freuen, wenn ihr eine Traumdeutung vornehmen würde.

Ich habe geträumt, dass mein ganzer Körper von Ästen durchzogen ist. Es fühlte sich so an, als würden sämtliche Bereiche meines Körpers, wie Arme, Beine, Kopf, Bauch, Brust und Rücken von einem Geflecht (ähnlich einem Rizom) durchzogen sein. Ich war bewegungsunfähig und fühlte mich steif und starr. In meinem Rücken war ein ganz besonders großer Ast zu spüren. Es fühlte sich so an, als würde dieser Ast durch mein Rückenmark durchführen, was auch große Schmerzen verursachte. Das löste große Angst in mir aus.

Welche Bedeutung könnte dieser Traum haben?

Ich freue mich über eine Antwort von euch!

Vielen Dank!

Die Deutung wies zunächst auf die Sprengkraft des Rhizoms – einerseits mit Verweisen auf die Rhizombildung bei bestimmten Bambus-Arten, andererseits mit deren Verwendung als Folter für rebellierende Sklaven durch Sklavenhalter auf Réunion. Die Steifheit und Starre durch den «ganz besonders grossen Ast» im Rückenmark des Träumers dürfte im Konflikt stehen mit den Verzweigungen, Verbindungen, Assoziationen und Bewegungen des Rhizoms, das diese Unbeweglichkeit sprengen könnte. Von daher schien die Anrede «Liebes Team der Tramstation» schon Motto für diesen Traum und Programm für die erwünschte Bewegung zu sein.
Von dort geht die Deutung folgendermassen weiter: «Sie schreiben: ‘Ich hatte letzte Nacht einen beängstigende Traum. Ich würde mich freuen, wenn ihr eine Traumdeutung vornehmen würde.’

Das hat uns beschäftigt!

Eine „Traumdeutung vornehmen“, das tönt ein wenig, als wären Psychoanalytiker Chirurgen, die einen Eingriff vornehmen; das ist ein Setting, wo der Patient sozusagen nicht da ist, wie es ja in unserem anonymen Setting tatsächlich ist, allerdings ist der Patient des Chirurgen anästhesiert, das Verhältnis von aktiv und passiv ist so gegeben. Auf der anderen Seite konjugieren Sie so, als würden sie gerne aktiv mitarbeiten (wie es ja in der Psychoanalyse der Fall ist), der Kompromiss zwischen Experten-Ehrfurcht und Lust am Mitdeuten würde dann genau so so ausgedrückt, wie Sie es gemacht haben: ‘ihr eine Traumdeutung vornehmen würde’ als Kompromiss zwischen ihr eine Traumdeutung vornehmen würdet und ich eine Traumdeutung vornehmen würde. Und so finden wir wieder denselben Konflikt zwischen dem in sich Einschliessen von Möglichkeiten und sich Zugestehen von Bewegungsraum, womit wir wieder bei der Sprengkraft des Rhizoms wären. Wir wollen Sie nicht mit Stoff überhäufen, aber falls Sie interessiert sind: Rhizom ist der Titel eines poststrukturalistischen Textes von Gilles Deleuze und Félix Guattari: Die Kritik der Autoren am hierarchischen „Baummodell“ und ihr Vorschlag eine unhierarchische Wissensproduktion im Sinne von Rhizomen zu wagen, bietet ja ebenfalls Stoff für die Weiterführung des in Ihrem Kompromiss angedeuteten Konflikts zwischen Hierarchisch-Autoritärem (Chirurg) und dem Versuch einer neuen, nicht hierarchischen Produktion von Wissen. So würde zutreffen, was Sie in Ihrem Anliegen: «Ich würde mich freuen, wenn ihr eine Traumdeutung vornehmen würde» angedeutet haben, nämlich den Wunsch, aus der gemeinsamen Arbeit von Patient und Psychoanalytiker ein Wissensgeflecht entstehen zu lassen, das die klassische Autorschaft – und ihre Hierarchie – überwindet. Ob dies in unserem Setting möglich ist?»

Wir sind der Meinung, dass das Setting unserer Traum- und Tramstation dies in der Tat nicht nur möglich, sondern vor allem sichtbar macht. In seiner Medialität ist es nämlich eines, das die Frage der Autorschaft – die wir gerne als eine der Anonymität bezeichnen, als eine, die sich von woanders her schreibt – ins Augenmerk rückt. Denn dabei zeigt sich nicht einfach der Konflikt in hierarchischen Autoritätsstrukturen, sondern «mit dem Versuch einer, nicht hierarchischen Produktion von Wissen» skizziert sich eine unhierarchische Art von Autorschaft, die sich nicht nur medial konstituiert, sondern von der Medialität konstruiert wird.

Und ganz ähnlich ist es mit dem Verhältnis von sexuellem Wunsch und Trauma, von dem wir ja bei den Deutungen zum ersten Traum ausgegangen sind. Auch da dürfte es keine Hierarchien geben, schon gar nicht solche von richtig und falsch. Vielmehr dürfte es viel eher so sein, dass beide Aspekte sehr miteinander zu tun haben, nicht auseinanderfallen, sondern zueinander gehören. Beide Aspekte markieren Autorschaften, die keine eindeutigen und klar verfasste sind, beide dürften vielmehr von diesem Moment der Leerstelle und der damit verbundenen Ungewissheit ausgehen – die Sexualität ebenso wie das Trauma, nicht zuletzt deswegen, weil die Sexualität nicht eindeutig ist, sondern Lust und Angst, Anziehung und Abstossung miteinander verschränken – und das sein, was Freud über den Trieb sagte: dass er Arbeitsanforderung an den psychischen Apparat sei. Es geht um diese Arbeitsanforderung, um diese Notwendigkeit ständiger Ver- und Umarbeitung, um ständiges Neu-Formatieren dieses Verhältnisses. In dem Sinn kann es auch nicht darum gehen, das Trauma ständig vermeiden zu wollen wie das von solchen Bemerkungen impliziert ist, dass Deutungen der Sexualität traumatisierend – und insofern zu vermeiden – seien. Es dürfte vielmehr darum gehen – wie es ein Analysand neulich sagte: Es ist nötig, to take the risk. Ohne das dürfte es kaum gehen. Weder die Analyse noch das Leben.

Mit unserer Traumstation unterstreichen wir den medialen Charakter dieses Unternehmens, das auch der Traum ist, und wir werden es noch weitertreiben, indem wir zusammen mit der Maschine des Chat GPT, der künstlichen Intelligenz – an die sich die Frage knüpfen könnte, inwieweit Intelligenz nicht immer schon eine künstliche und künstlerische ist – Träume deuten werden.

Mit unserem Titel Traumamamama wollen wir darauf hinweisen, dass der Vatermord als Avantgarde oder als treibendes Moment der Moderne sich mit der Konzeption der Traumama zum Klassiker zu wandeln versucht – zu einer scheinbar feststehenden Erkenntnis und Wahrheit. Der Abriss der Tradition als Vatermord, diese Infragestellung des scheinbar Gegebenen und seiner Autorität wird zu einer Verfestigung und Fundamentalisierung, die als Kontrast und als Antwort zu diesem Nichts steht, das durch den Vatermord entsteht, das natürlich kein leeres Nichts ist, sondern der Ort des verlorenen Objekts, mit dem es die Psychoanalyse zu tun hat. Damit wird die Psychoanalyse zur Klassik, bzw. zu deren Karikatur.

Denn der Vatermord – Freud hat die Psychoanalyse ja eng mit dem Mythos des Ödipus verbunden – eng verbunden und verschränkt mit der Kastration, um die es dabei doppelt geht. Zum einen haben wir mit Freud – und natürlich mit Ödipus – die Kastrationsdrohung, die zunächst zu seiner Aussetzung dann zum Vatermord des Ödipus führt. Dieser Vatermord ist nicht nur Rache, sondern vollzieht die Kastration erst richtig, weil er ja die Herkunft abschneidet, weil er die Abstammung tötet, von der Herkunft und der Abstammung ablöst. Das ist die Komplettierung der Kastration: Keine Herkunft, keine Heimat mehr zu haben! Sie ist der gemeinsame Nenner der verschiedenen Gründermythen – nicht nur von Ödipus, auch von Moses, auch von Siegfried und besagt, dass die Heimat verloren ist, dass man sie immer wieder neu suchen muss, wobei dieses Suchen nicht eines ist, bei dem es darum geht, dass man etwas findet, wiederfindet, was gegeben ist, sondern dass man es findet, indem man es neu bildet. Die Heimat und die Herkunft sind nie einfach gegeben, sondern müssen immer wieder gemacht und hergestellt werden. Das ist der Hintergrund dessen, was mit dem Titel Traum, Trauma, Traumamama, Traumamama gemeint ist: Dass sowohl das Trauma wie die Mama vor allem eines sind: Versuche etwas festzumachen und festzuzurren, was verloren ist, Versuche aus dem Nichts – diesem leeren Ei ohne Schale, wie es die griechische Mythologie nannte – wieder ein Alles zu machen. Versuche die Avantgarde zur Klassik zu erheben. Dieses Alles haben wir in der scheinbaren Ubiquität des Traumabegriffs und der Traumatherapie. Sie ist gegeben, sie ist scheinbar immer schon gegeben, man kann sie schon diagnostizieren, bevor man den Patienten/Analysanden gesehen hat. Gleichzeitig ist dieses Alles illusionär und verschliessend, abschliessend: Wenn man Alles hat, dann gibt es nichts mehr.
Demgegenüber hält das NIcht-Alles – das Lacan, der es von Kant hat, mit der weiblichen Sexuierung verbindet, was in dieser Verquickung mit dem Geschlecht eher fraglich sein dürfte und als strukturelle Position zwischen dem Hysterischen und dem Zwanghaften vielleicht sinnvoller wäre –, an dem Verlust fest, daran, dass dieser nicht auflösbar ist, sondern in jeder Formation weitergetragen, in jede Formation übertragen wird. Das ist das, was die Maschine ausmacht, das ist der Code, diese Abfolge von Null und Eins, wobei die Eins immer im Zeichen des Null steht, also ein gewisses Minus in sich trägt, das sich ständig zum Plus wandelt, da es gar nicht anders kann, als sich weiter fortzuschreiben. Das ist die Maschine, der wir einerseits als Traummaschine nachgehen und deshalb interessiert uns auch die andere Maschine, nämlich dieser Code, diese KI, die immer weiter assoziiert und dissoziiert und es ist eben kaum anzunehmen, dass sie an ein Ende kommen kann. Was ja kein Nachteil ist.

Mit dem Vater ist zudem die Ungewissheit im Spiel: Pater incertus. Nun ist es aber so, dass die Mutter, die ja dann als Traumama eine sichere Stelle zu sein scheint – vielleicht müsste man auch eher sagen: eine solche zu geben sich hergeben muss - längstens so sicher auch nicht mehr ist. Zum pater incertus gesellt sich mit den modernen Reproduktionstechniken zunehmend die mater incerta. So steht die Herkunft immer mehr im Zeichen eines Nicht-Fassbaren, im Zeichen eines Nichts.

Dieses Nichts ist nicht leer, es hat vielmehr brennende Augen hat, so wie es Dürer in der Melencolia dargestellt hat, die umgeben ist von den Geräten und Maschinen ihrer Zeit, die nicht nur der Entdeckung, sondern der Herstellung der Welt dienen. Der Vatermord ist wie der Wunsch Maschine, dieses Nichts des verlorenen Objekts, das als verlorene Heimat an der Wiege der Kultur steht, in eine Produktion von Heimat umzuwandeln, einer Heimat, die man nie ganz haben wird. In der Kunst ist die Maschine nicht zuletzt von Jean Tinguely ins Spiel gebracht worden – als Bild oder als Modell für die Kunst, für das Leben. Freud hat sie als Apparat zum Modell für die Psyche gemacht. In Zürich steht am See eine dieser Maschinen Tinguelys mit dem bezeichnenden Namen "Heureka". Sie rattert und quietscht dort immer wieder zum Vergnügen nicht nur der Kinder, sondern der meisten Besucher und Passanten. Neuerdings wurde sie gerahmt oder eingehagt mit Buchsbäumen: Eingrenzen muss sein, natürlich schön ordentlich mit akkurat geschnittenen Buchsbäumen. Dazu hin wird die Maschine nun regelmässig geölt und geschmiert, so dass sie auch nicht mehr quietscht und rattert, nicht mehr den Anschein von Eiern macht. Rundlaufen ist angesagt. Tourner en ronde. Das ist das Traumamamama der Kunst und von Tinguely. Wir wollen nur hoffen, dass er es nie sehen und hören muss.

Und wenn wir schon bei der Herkunft als einer nicht-fassbaren, sich entziehenden sind, dann liegt es nahe auf die Entstehung des Menschen aus Lehm oder anders gesagt: aus Ton hinzuweisen. «Ton» ist vielleicht die passendere Bezeichnung, weil sie doppeldeutig ist, nicht nur den Lehm, sondern auch den Ton meint, diesen Odem, den Gott ihm eingehaucht hat. Ton verweist also auf diese Doppeldeutigkeit vom Ungreifbaren, uns Einhüllenden des Tons, des Klangs, und vom Greifbaren der Materie, die dieses Nichts des leeren Eis ohne Schale zu materialisieren versucht, nicht anders kann, als es zu versuchen und zu versuchen, Traumamamamama …

Demnächst in diesem Theater …

Das heisst zunächst, dass wir an der Jahrestagung der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) vom 8.-11. Mai 2024 in Berlin einen Workshop machen werden, den wir folgendermassen angekündigt haben:

Manuela Köberlein und Victoria Preis (DPG-Ausbildungskandidatinnen am IPB, Berlin) mit Heinrich Bader, Felix Börner, Deniz Bozyigit, Olaf Knellessen und Fabian Ludwig (Verein The Missing Link, Zürich)

Workshop: Der Traum als Herausforderung des Selbst.
Künstliche Intelligenz als Teil der Traumarbeit, der Traummaschine?

Anhand des Traums möchten wir zeigen, wie sehr das Selbst im Zeichen des ständigen Prozesses zwischen seiner Auflösung und seiner Neu-Konstruktion steht – und in dem Sinn mindestens ebenso sehr eine Leerstelle ist wie eine definierte Entität. Mit den Mechanismen von Verdichtung, Verschiebung und der Rücksicht auf Darstellbarkeit ist die Traumarbeit das Feld, in dem immer wieder neue Formen und Figurationen des Selbst und des Anderen gebildet werden.

Wir, die Mitglieder der Traumstation und ihres Podcasts, Psychoanalytiker:innen und psychoanalytische Ausbildungskandidat:innen, praktizieren seit längerer Zeit ein Format der Traumdeutung, das von der Traumtheorie Fritz Morgenthalers und den von ihr inspirierten Traumgruppen, wie sie Reimut Reiche durchgeführt hat, aus- und darüber hinausgeht. Neuerdings haben wir begonnen, dabei Künstliche Intelligenz miteinzubeziehen, bei welcher der technische Aspekt der Traummaschine im Zentrum steht. In unserem Beitrag wollen wir der Frage nachgehen, inwieweit sich Technik und kreative Phantasie ausschliessen oder wie sie aufeinander bezogen sind. Kann die KI dabei helfen, Einsicht zu erlangen, oder fördert sie die Verleugnung, indem sie die Illusion der Unabhängigkeit, der Nichtangewiesenheit auf ein Gegenüber und somit die omnipotenten Größenphantasien befördert? Oder: Wie ist es andererseits mit der Verleugnung, die sich hinter unseren eigenen Größenphantasien von Unersetzlichkeit und Hort von Berührbarkeit verbergen?

Wir möchten an der Tagung im Rahmen eines Workshops einen Raum für diese Auseinandersetzung eröffnen, indem wir Träume gemeinsam mit Chat-GPT und den Teilnehmer:innen deuten, um so Perspektiven nachzugehen, die aus dem Dilemma des regressiven Zustands der Verleugnung und der „Einsichtslosigkeit, die sich bei den besten Köpfen zeigt“ (Freud 1915), herausführen könnten.


Weiter wird Fabian Ludwig den Faden an der nächsten geplanten Veranstaltung zum Placebo mit einem Beitrag zur Satanic Panic weiterspinnen.

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