Müssen Deutungen bedeutend sein?

Vortrag im Psychoanalytischen Seminar Luzern, 6000 Luzern
Freitag, 23. September 2022, 20 Uhr

23. September 2022

Wenn Freud die Traun-Deutung noch als die via regia zum Verständnis des Unbewussten verstand, scheint man sich da heute nicht mehr so sicher zu sein. Vielleicht spielt dieser nicht geringe Anspruch eine Rolle dabei, dass die Deutung an Bedeutung verloren zu haben scheint. Muss sie diese haben, diese Bedeutung? Deuten ist ja zunächst mal eines: Ein Fingerzeig, eine Aktion.

Ihre Aufgabe ist es sicherlich, einen bisher nicht bekannten, anderen Sinn ins Spiel – nicht nur einer Psychoanalyse – zu bringen. Damit sollen neue Perspektiven in den Blick gerückt und vermittelt werden, kommen andere Medialitäten als die Sprache ins Spiel. Als Deutung des Anderen ist sie zudem ein performativer und unmittelbarer Akt, der einbricht – wie die Ohrfeige, die Dora Freud gegeben hat – und Bedeutung nicht einfach vermittelt, sondern entstehen lässt und produziert.

Deutung steht damit – wie schon Fritz Morgenthaler hervorgehoben hat – in einer Dynamik von Übertragung, die nicht zuletzt Überraschung und damit auch unkalkulierbar, durchaus traumatisch ist. Freud hat diese Erfahrung als Bruchstück einer Hysterie-Analyse formuliert.

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